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1. Mose 3 (Luther-Übersetzung von 1912)
1 Und die Schlange war listiger denn alle Tiere auf dem Felde, die Gott der HErr gemacht hatte, und sprach zu dem Weibe: Ja, sollte Gott gesagt haben: Ihr sollt nicht essen von allerlei Bäumen im Garten?
Die Schlange war ein Tier, das Gott geschaffen hatte. Sie sah nicht aus wie eine Schlange, wie wir sie heute kennen. Der Fluch, den Gott in Vers 14Da sprach Gott der HErr zu der Schlange: Weil du solches getan hast, seist du verflucht vor allem Vieh und vor allen Tieren auf dem Felde. Auf deinem Bauche sollst du gehen und Erde essen dein Leben lang. ausspricht, dass dieses Tier, genannt Schlange, fortan auf dem Bauch kriechen solle, hätte geringes Gewicht, wenn dieses Tier vorher nicht aufrecht gegangen wäre.
„Ja, sollte Gott gesagt haben?“ – So beginnt man kein Gespräch. Das Gespräch hatte also einen Vorlauf. Eva zeigt keine Überraschung, dass die Schlange spricht. Sie hatte vielleicht schon oft mit ihr gesprochen. Vermutlich konnten alle höheren Tiere (Vieh und Vögel) sprechen und waren dem Menschen nahe, vgl. den Kommentar zu Gen. 2:19-20. Das hebräische Wort, das hier für Schlange gebraucht wird, nachash, bedeutet zugleich „Schlange“ als auch „glänzend“, „scheinend“. Im Arabischen, das dem Hebräischen verwandt ist, existiert ein ähnliches Wort, khanas, und bedeutet „Teufel“, und khanasa bedeutet „verführte“, aber zugleich bedeutet es auch „Affe“! Statt mit „listig“ kann man das hebräische aruwm mit „klug, verständig“ übersetzen: Die Schlange war klüger als alle anderen Tiere. Die klügsten heute lebenden Tiere sind die Primaten.
Im Neuen Testament (Off. 12:9Und es ward ausgeworfen der große Drache, die alte Schlange, die da heißt der Teufel und Satanas, der die ganze Welt verführt, und ward geworfen auf die Erde, und seine Engel wurden auch dahin geworfen.; Off. 20:2Und er griff den Drachen, die alte Schlange, welche ist der Teufel und Satan, und band ihn tausend Jahre) wird bestätigt, dass die Schlange hier der Teufel ist. Der Teufel, der durch die Schlange spricht, ist ein Geistwesen. Er kann sich als Engel des Lichts verstellen (2. Kor. 11:14Und das ist auch kein Wunder; denn er selbst, der Satan, verstellt sich zum Engel des Lichtes.). Er kann sich nicht zum Tier oder zum Menschen machen (vgl. Lukas 24:39Sehet meine Hände und meine Füße: ich bin's selber. Fühlet mich an und sehet; denn ein Geist hat nicht Fleisch und Bein, wie ihr sehet, dass ich habe.), wohl kann er in ihnen Wohnung nehmen, siehe Lukas 8:33Da fuhren die Teufel aus von dem Menschen und fuhren in die Säue; und die Herde stürzte sich von dem Abhange in den See und ersoff..
Die Schlange wird wohl menschenähnlicher gewesen sein als heutige Primaten, die 48 Chromosomen aufweisen statt 46, wie der Mensch. Im Tierreich sind allerdings auch Kreuzungen möglich, wenn die Chromosomenzahl verschieden ist. Die genetische Ähnlichkeit zwischen Menschen und Menschenaffen ist groß. Fossilfunde weisen auf viele ausgestorbene Primatenarten hin, die dem Menschen äußerlich ähnlicher sind als heute lebende Primaten (und die von Evolutionsanhängern darum gern als Übergangsformen zum Menschen angesehen werden).
2 Da sprach das Weib zu der Schlange: Wir essen von den Früchten der Bäume im Garten;
3 aber von den Früchten des Baumes mitten im Garten hat Gott gesagt: Esset nicht davon, rühret's auch nicht an, dass ihr nicht sterbet.
4 Da sprach die Schlange zum Weibe: Ihr werdet mitnichten des Todes sterben;
Das war eine Lüge. Sie würden sogar zweifach sterben: in ihrem Körper auf der Erde und dann in Ewigkeit.
5 sondern Gott weiß, dass, welches Tages ihr davon esset, so werden eure Augen aufgetan, und werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist.
Der Teufel stellt Gott als missgünstig dar, der den Menschen durch ein Gebot kleinhält. Man könne sich aber über Gottes Gebot hinwegsetzen; eine Bestrafung sei real nicht zu befürchten. Mehr noch: Durch die Missachtung des Gebots erreiche man Höheres, werde gar Gott ähnlicher.
Zu sein wie Gott, war wohl eher des Teufels Wunsch, denn die Frau spricht darauf nicht an. Sie lockt vielmehr die Idee, klüger zu werden:
6 Und das Weib schaute an, dass von dem Baum gut zu essen wäre und dass er lieblich anzusehen und ein lustiger Baum wäre, weil er klug machte; und sie nahm von der Frucht und aß und gab ihrem Mann auch davon, und er aß.
7 Da wurden ihrer beider Augen aufgetan, und sie wurden gewahr, dass sie nackt waren, und flochten Feigenblätter zusammen und machten sich Schürze.
Gott hatte unter Androhung der höchsten Strafe verboten, vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen zu essen. Die zunächst einzige unmittelbare Folge, von der hier berichtet wird, ist, dass Adam und Eva beide erkennen, dass sie nackt sind. Das wirkt so harmlos und ist doch eine Konsequenz des größten denkbaren Fehltritts.
8 Und sie hörten die Stimme Gottes des HErrn, der im Garten ging, da der Tag kühl geworden war. Und Adam versteckte sich mit seinem Weibe vor dem Angesicht Gottes des HErrn unter die Bäume im Garten.
Noch immer konnten sie Gott sehen und mit ihm reden, so wie ein Mensch mit einem anderen Menschen redet. Die heutigen Bedingungen sind ganz anders.
9 Und Gott der HErr rief Adam und sprach zu ihm: Wo bist du?
Gott spricht Adam an. Adam war das Gegenüber, das Gott sich erschaffen hatte. Die Frau war nicht Gottes Gegenüber; sie war nur deshalb geschaffen worden, damit sie Adam ein Gegenüber und eine Gehilfin sei. Der Teufel, der Gottes hohe Schöpfung und darum insbesondere Adam zerstören will, umging Adam und wandte sich unanständigerweise und listigerweise heimlich an Eva. Es mag sein, dass der Teufel, bevor er sich an Eva wagte, das Tierreich zur Bosheit verführt hatte und sich dann der Schlange bediente.
10 Und er sprach: Ich hörte deine Stimme im Garten und fürchtete mich; denn ich bin nackt, darum versteckte ich mich.
Wenn das Wissen um die eigene Nacktheit etwas Gutes ist, warum fürchtet sich Adam? Wenn es aber nichts Gutes ist, dann ist es etwas Böses, denn der verbotene Baum sollte ja Erkenntnis des Guten und Bösen bewirken.
11 Und er sprach: Wer hat dir's gesagt, dass du nackt bist? Hast du nicht gegessen von dem Baum, davon ich dir gebot, du solltest nicht davon essen?
Gott bestätigt, dass das Wissen um die eigene Nacktheit nur davon herrühren kann, dass Adam und Eva die schlimmste denkbare Übertretung begangen hatten. Dafür würden sie sterben müsssen. Das Wissen um die eigene Nacktheit führt zu sexueller Lust. Obwohl Gott in 1. Mose 1:28 gesagt hatte „Seid fruchtbar und mehret euch“, war die sexuelle Lust nicht Teil der Schöpfung. Die sexuelle Lust stammt aus der Welt des „Bösen“, ist ihr Markenzeichen, vgl. Kol 3:5-6So tötet nun eure Glieder, die auf Erden sind, Hurerei, Unreinigkeit, schändliche Brunst, böse Lust und den Geiz, welcher ist Abgötterei, um welcher willen kommt der Zorn Gottes über die Kinder des Unglaubens;.
12 Da sprach Adam: Das Weib, das du mir zugesellt hast, gab mir von dem Baum, und ich aß.
Adam war also bewusst, von welchem Baum ihm Eva zu essen gab. Die Sprachebene des Wortes „zugesellt“ mag den Eindruck erwecken, dass Adam versucht, Schuld auf Eva abzuwälzen. Der hebräische Text sagt aber wertfrei: „Das Weib, das du gemacht hast, bei mir zu sein, gab mir von dem Baum, und ich aß.“
13 Da sprach Gott der HErr zum Weibe: Warum hast du das getan? Das Weib sprach: Die Schlange betrog mich also, dass ich aß.
„... betrog mich also, dass ich aß“ – genauer: „verführte mich, ich aß.“ Das „also, dass“ steht nicht im Hebräischen. Menge übersetzt: Die Schlange hat mich verführt; da habe ich gegessen. Der Vers sagt nicht, dass die Verführung eine Verführung zum Essen war. Es könnte durchaus gemeint sein: Die Schlange hat mich verführt. Danach habe ich (verbotenerweise) gegessen.
14 Da sprach Gott der HErr zu der Schlange: Weil du solches getan hast, seist du verflucht vor allem Vieh und vor allen Tieren auf dem Felde. Auf deinem Bauche sollst du gehen und Erde essen dein Leben lang.
„Vor allem Vieh und vor allen Tieren“ heißt: mehr als alles Vieh und mehr als alle Tiere. Gottes erster Fluch nach dem Sündenfall trifft also die Tiere insgesamt, und es trifft sie hart; die Schlange trifft es im Besonderen. In einem Augenblick hat sich die Tierwelt gewandelt: von friedlichen Pflanzenfressern zu einer Tierwelt, in der Angst und Schrecken regieren und qualvolles Gefressenwerden verordnet ist. Die Tierwelt hatte Anteil am Sündenfall, vielleicht nicht nur durch ihre klügste Vertreterin, die Schlange. Möglicherweise waren die Tiere Zeugen, dass sich etwas zwischen Eva und der Schlange anbahnte. Vermutlich konnten die Tiere sprechen (vgl. den Kommentar zu Gen. 2:19-20) und haben auch untereinander über die vorhersehbare Ungeheuerlichkeit gesprochen, aber weder die Schlange noch Eva davon abzuhalten versucht. Vielleicht hatte sich die ganze Tierwelt vom Teufel zu grober Bosheit oder in eine Position der Missgunst gegen die privilegierten Ebenbilder Gottes verleiten lassen, vgl. Gen. 6:11-13. Es muss eine Nähe und Vertrautheit zwischen Mensch und Tier bestanden haben; erst nach der Sintflut wird den Tieren eine Furcht auferlegt (1. Mose 9:2 Furcht und Schrecken vor euch sei über alle Tiere auf Erden und über alle Vögel unter dem Himmel, über alles, was auf dem Erdboden kriecht, und über alle Fische im Meer; in eure Hände seien sie gegeben.).
In der Bibel wird von einer sprechenden Eselin berichtet (4. Mose 22:28Da tat der HErr der Eselin den Mund auf, und sie sprach zu Bileam: Was habe ich dir getan, dass du mich geschlagen hast nun dreimal?). Die Anlage dazu muss vorhanden sein. Das Sprechen der Tiere könnte eine Rolle beim Sündenfall gespielt haben. Das Sprechen ist nun beendet, für die Schlange radikaler als für die anderen Tiere: Schlangen haben keinerlei Lautbildungsorgane.
Die Schlange war vor dem Sündenfall dem Menschen äußerlich ähnlich, war aber nicht „aus Gott“ wie Adam, sondern war ein Tier und unter die Herrschaft des Menschen gestellt. Zur Schlange hat ein Weibchen gehört, das ebenfalls der Fluch traf, sonst hätte diese Art nicht weitergelebt. Die Schlange, die Gott verflucht hat, ist im Tierreich heute existent, denn wenn als Folge der Gegenwart Christi im Tausendjährigen Reich in Jerusalem das Gefressenwerden im Tierreich suspendiert ist, so bleibt der Fluch für die dann lebende Schlange bestehen (Jes. 65:25Wolf und Lamm sollen weiden zugleich, der Löwe wird Stroh essen wie ein Rind, und die Schlange soll Erde [= Staub] essen. Sie werden nicht schaden noch verderben auf meinem ganzen heiligen Berge, spricht der HErr.). Allerdings lässt Micha 7:17Sie sollen Staub lecken wie die Schlangen und wie das Gewürm auf Erden zitternd hervorkommen aus ihren Burgen; sie werden sich fürchten vor dem HErrn, unserem Gott, und vor dir sich entsetzen. keinen Zweifel, dass der Ausdruck „Erde essen“ (nach dem Hebräischen besser: Staub fressen) sich auf Menschen bezieht und darum der Fluch nicht allein der Schlange gilt, sondern auch ihren Nachkommen, den Menschen aus der Linie Kains (siehe Kommentar V. 15 und Gen. 4:2): Sie werden auf der Welt sehr erniedrigt sein, vgl. Ps. 72:9Vor ihm [= Christus] werden sich neigen die in der Wüste, und seine Feinde werden Staub lecken..
Im Folgenden wird der Teufel, der durch die Schlange agiert, angesprochen:
15 Und ich will Feindschaft setzen zwischen dir und dem Weibe und zwischen deinem Samen und ihrem Samen. Derselbe soll dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen.
16 Und zum Weibe sprach er: Ich will dir viel Schmerzen schaffen, wenn du schwanger wirst; du sollst mit Schmerzen Kinder gebären; und dein Verlangen soll nach deinem Manne sein, und er soll dein Herr sein.
17 Und zu Adam sprach er: Dieweil du hast gehorcht der Stimme deines Weibes und hast gegessen von dem Baum, davon ich dir gebot und sprach: Du sollst nicht davon essen, – verflucht sei der Acker um deinetwillen, mit Kummer sollst du dich darauf nähren dein Leben lang.
Die Reihenfolge, in der Gott die Beteiligten des Sündenfalls bestraft, richtet sich vermutlich nach der Schwere ihrer Schuld. Adam wird zuletzt adressiert. Adam hatte Gott lieben sollen (vgl. Mark. 12:30„und du sollst Gott, deinen Herrn, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüte und von allen deinen Kräften.“ Das ist das vornehmste Gebot.); seine Sünde war, dass er seiner Frau den Vorzug gegeben hatte und ihr gehorcht hatte und nicht Gott. Ja, er hatte gegessen: Seine Strafe hat Bezug zu Ernährung und Broterwerb.
18 Dornen und Disteln soll er dir tragen, und sollst das Kraut auf dem Felde essen.
19 Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis dass du wieder zu Erde werdest, davon du genommen bist. Denn du bist Erde und sollst zu Erde werden.
Dem Mann ist es verordnet zu arbeiten. Kummer und Schweiß im Arbeitsleben sollen sein.
20 Und Adam hieß sein Weib Eva, darum dass sie eine Mutter ist aller Lebendigen.
21 Und Gott der HErr machte Adam und seinem Weibe Röcke von Fellen und kleidete sie.
Gott will offensichtlich, dass Adam und Eva beide bekleidet sind. Dass Adam und Eva schon vorher ihre Nacktheit mit Feigenblättern hatten verdecken wollen (Vers 7Da wurden ihrer beider Augen aufgetan, und sie wurden gewahr, dass sie nackt waren, und flochten Feigenblätter zusammen und machten sich Schürze.), war demnach gesundes Empfinden. Man kann aus Pflanzenmaterial problemlos gute Kleidung herstellen. Gott gibt Adam und Eva aber Röcke aus Tierhaut. Es sieht so aus, als ob Gott selbst die Tiere dafür tötet: das erste Tieropfer. Warum Tieropfer? Vielleicht deshalb, weil ein Tier mit dem „Bilde Gottes“ Sünde getan hatte.
22 Und Gott der HErr sprach: Siehe, Adam ist geworden wie unsereiner und weiß, was gut und böse ist. Nun aber, dass er nicht ausstrecke seine Hand und breche auch von dem Baum des Lebens und esse und lebe ewiglich!
23 Da wies ihn Gott der HErr aus dem Garten Eden, dass er das Feld baute, davon er genommen ist,
Diese Arbeit auf dem Feld ist ein niedrigerer Dienst als zuvor, als der Mensch die Herrschaft über den Garten Eden hatte und vermutlich die Tiere ihm freudig dienten.
24 und trieb Adam aus und lagerte vor den Garten Eden die Cherubim mit dem bloßen, hauenden Schwert, zu bewahren den Weg zu dem Baum des Lebens.
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